Ein Flugzeug stürzt ab, hoch oben im Norden, und Alex (Yannis Stankoglou) bekommt einen Auftrag. Tauchen, nach dem, was da unten ist, verloren in den Trümmern, in den Weiten der Beringsee.

Yannis Fagras’ Film Forget Me Not ist eine Suche auf mehreren Ebenen: die Suche nach dem Unbekannten am Grund des Meeres; die Suche von Daphne (Aliki Danezi-Knutsen), Alex’ Geliebter, die ihren Verlorenen sucht; die Suche der Seeleute nach Halt, den sie ausgerechnet auf dem offenen Meer am besten finden. Alex’ Suche nach sich selbst. Eine Referenz auf Homers Odyssee, weit weg von Griechenland, das heute nicht mehr Terra incognita ist. Die Sirenen, hier singen sie über das verrauschte Funkgerät.

Es gibt diese Filme, in denen wenig passiert, die mit stimmungsvollen Bildern und verklärten Gesichtern versuchen, die Residualien einer Geschichte zu erzählen. Forget Me Not gehört nicht dazu. Der Film spielt genau mit diesen Elementen: mit Alex, der auf einem Kutter über das unbekannte Gewässer schippert. Mit den Seeleuten, die raue Typen sind, mit Alex’ ehemaliger Geliebter, die ihm in Sehnsucht auf seiner Odyssee hinterherreist.

Diese Protagonisten sind aber weit entfernt von den Klischees, sie sind geerdete, mitunter nachdenkliche Menschen, die manchmal in ihrer Gedankenwelt über ihre Umgebung hinauswachsen. Philosophische Momente einer Suche, deren Ziel nie klar wird: Was ist da unten, am Grund der eiskalten See? Aber die eigentliche Frage steckt tiefer.

Die Meeresbilder, die Kameramann Panagiotis Salapatas eingefangen hat, sind atemberaubend, aber nicht im Sinne einer apokalyptischen See, einer Gefahr, die wie in The Perfect Storm eher von der CGI-Überfrachtung als von den Wellen ausgeht. Die See, hier ist sie subtile Bedrohung, aber auch Sehnsuchtsort und Heimat. Salapatas erreicht damit (fast) ohne Computergraphik so viel mehr, als es die Effektspezialisten der letzten Jahre jemals geschafft haben. Ein Naturerlebnis in fahlem Grau und blassem Grün.

Nur etwa 200.000 Euro hat Forget Me Not gekostet, über einen Produktionszeitraum von vierzehn Jahren. Ein Glück, dass sich diese Arbeitszeit nicht in der endgültigen Schnittfassung maniferstiert. Zwar wünscht man sich mehr, mehr, mehr dieser hypnotischen Bilder, aber Fagras beschränkt sich offenbar sehr bewusst auf die 102 Minuten des Films (auch, wenn vorherige Fassungen sehr viel länger waren). Ausreichend, um die Stimmung zu transportieren, aber nicht so viel, dass die zarte Geschichte unter einem bedeutungsschwangeren, aber langweiligen Bildteppich untergeht.

Einzig die Musik von Akis Kapranos stört ein bisschen. Ja, sie ist stimmungsvoll und passt eigentlich auch zum Habitus des Films, Gitarrenriffs, mit Anklängen an den phantastischen ungeschliffenen Only Lovers Left Alive von SQÜRL und Jozef Van Wissem. Die Musik zu Forget Me Not ist über Jahre entstanden, die besten Parts mehr oder weniger spontaner Aufnahmen ergeben den Sound des Films. Kühl, nachdenklich, aber irgendwie immer gleich, oft ein wenig aggressiv, nicht einfühlsam genug für die stimmungsgeladene See.

Forget Me Not ist ein Abenteuerfilm ohne Abenteuer, einer für die ruhigen Abende, einer mit Einschlafgefahr, wenn man müde ist. Aber es ist ein Film, der sich lohnt, sei es zum Anschauen oder zum Einnicken. Ein Film, der nachwirkt.

Dramaturgie: +
Sex: o
Bilder: +
Story: +
Musik: o
Schauspiel: +
Durchblick: o

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