Die Revolution ist eine Videokamera. Dieser Logik folgt der 2014 verstorbene politische Filmemacher Harun Farocki in seinem Film über die Aufstände, die 1989 zum Sturz des rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu führten.
Farocki stellte den Film bereits 1992 vor und wählte damit einen Zeitpunkt, zu dem sich die Ereignisse einer über Dekaden gewachsenen, historischen Einordnung noch entziehen. Stattdessen seziert er genüsslich und unter dem Deckmantel neutraler Erzählhaltung die mediale Echtzeitaufbereitung des Ereignisses. Er verzichtet völlig auf eigene Bilder. Stattdessen setzt er aus veröffentlichten und unveröffentlichten Bildern des Staatsfernsehens und Aufnahmen erster Videoamateure er ein Bild der wenigen Tage zusammen, in dem Bukarest von einer Stadt der Großdemonstrationen zu einem Kriegsschauplatz mutierte, auf dem anonyme Scharfschützen, Militärs und von der Geschwindigkeit der Ereignisse aus ihrem Leben gerissene Normalbürger aufeinandertreffen.
Farockis nüchternem Erzählstil ist es zu verdanken, dass der Film selbst die unfreiwillige Komik der Ereignisse preisgibt. Wenn Ceaușescu auf dem Balkon den eigentlich zu seiner Huldigung gerufenen Massen nicht Herr wird, stammelt, verstummt, wieder ansetzt, wie ein verzweifelter Lehrer, der eine Schulklasse nach den großen Ferien wieder unter Kontrolle bringen will. Wenn die einfachen Bürger die Fernsehstation stürmen und nicht wissen, wann sie auf Sendung sind und wann nicht. Aber Farocki zeigt auch die Janusköpfigkeit einer Revolution, in der die Bürger für den Frieden und ein Ende des Tötens kämpfen, der Diktator aber am Ende in einem Schnellverfahren hingerichtet wird.
Diese Doppeldeutigkeit und die Parallelen zu der Bedeutung von Amateurvideos in den Revolutionen der heutigen Zeit zeigt, wie weitsichtig Farockis Idee vor einem Vierteljahrhundert war. Aktueller kann ein Revolutionsfilm nicht sein.
Dramaturgie: +
Sex: -
Bilder: +
Story: +
Musik: o
Schauspiel: o
Durchblick: o
Humor: +
Drama: +