Es war einer der vielversprechendsten Teaser des Jahres: Zwei Menschen schauen über ein Maisfeld, im Hintergrund startet eine Rakete. Aufbruch ins Ungewisse, das letzte große Abenteuer. Lange wusste ich nicht, worum es geht bei diesem Film, dessen Trailer den Pioniergeist in uns wecken sollte (und es in meinem Fall auch geschafft hat). Dann kamen langsam ein paar mehr Informationen: Es geht um das bevorstehende Ende der Welt, irgendwas mit einer intelligenten, außerirdischen Zivilisation… nicht mehr ganz so einfach mit dem Pioniergeist des ersten Teasers zusammenzubringen. Aber die Erwartungen blieben.
Tatsächlich handelt der Film vom Maisbauern Cooper (Matthew McConaughey). In einer nahen Zukunft, in der die Welt am Verhungern ist (eine nicht näher definierte Klimakatastrophe, die Ernte wird immer weniger), ist Cooper wie die meisten Menschen gezwungen, ein Leben als Landwirt zu führen. Seine Pilotenausbildung, sein Traum vom Weltall, das ist Vergangenheit, verschwimmt als verklärte Erinnerung. Halt findet der alleinerziehende Vater bei seinem Sohn und seiner Tochter. Doch eines Tages findet er eine Drohne, die ihn auf direktem Weg zu einer geheimen Raumfahrtbasis führt, von der aus die Erde gerettet werden soll. Der verschüttgegangene Abenteuergeist in Cooper erwacht und die Reise seines Lebens beginnt.
In knapp drei Stunden erzählt Regisseur und Drehbuchautor Christopher Nolan (in letzterer Funktion gemeinsam mit seinem Bruder Jonathan Nolan) den Jahrzehnte dauernden Flug durchs Weltall. Das ist lang, und Nolan verbringt diese Zeit mit wunderbaren Aufnahmen, die in ihrem Stil eher an analoge Filmoptik und Ron Howards Apollo 13 erinnern als an die Hochglanz-SciFi der letzten Jahre. Das tut dem Film gut, denn es macht ihn vor allem glaubwürdiger und visuell zu echtem Kino, das nicht vermag, die Augen zu überfordern. Ausnahmen sind die freundlichen, aber lächerlichen Hilfsroboter TARS und CASE, die wie überdimensionale Zigarettenschachteln mit Akrobatikausbildung und einer generalsanierten KI von HAL 9000 wirken.
Diese ruhigen, stehenden Bilder und Episoden geben dem Film auch Zeit zur Entwicklung der Charaktere. Das geschieht an drei Orten: Im Farmhaus der Coopers bei der Familie, im Raumschiff bei der Crew und in der geheimen NASA-Basis zwischen der Coopers Tochter und dem Wissenschaftler Brand (Michael Caine). Aber Nolan verpasst es in allen drei Fällen, die Tiefe zu erreichen, die er dem Zuschauer aufgrund der Länge des Films schuldet. Einzig Coopers nerdige Tochter ist ein Lichtblick, wenn sie ihren Konflikt zwischen Kindheit, jugendlicher Rebellion und ihrer Hochbegabtheit austrägt: Die vierzehnjährige Mackenzie Foy spielt den restlichen Cast an die Wand.
Die Beziehungen zwischen den Charakteren sind emotional, aber bleiben oberflächlich. Überraschendes fehlt ebenso wie Glaubwürdigkeit, die über ein paar kluge, altkluge und gewollt coole Sprüche hinausgehen. Spannungen zwischen den Crewmitgliedern werden wie auf einer Einkaufsliste abgearbeitet: die Liebe eines Crewmitglieds, durch die das Missionsziel in Gefahr gerät, der nach Jahren der Einsamkeit durchgeknallte Astronaut, all das kommt vor, ist okay, aber nicht überraschend. Die Dialoge sind Hollywood-Standard und der Ausgang ist sowieso vorhersehbar. Hans zimmerte dazu einen soliden Soundtrack, der ebenfalls an James Horners Apollo 13 erinnert, schön vor allem deshalb, weil es mal wieder ein klassischer Soundtrack ist, aber eben auch nicht großartig.
Zugutehalten muss ich dem Film ein solides Unterhaltungspotential: Ich saß mit Jetlag im Kino und bin drei Stunden lang nicht eingeschlafen. Wenn man mich fragt, woran das lag, kann ich keine konkrete Antwort geben. Vermutlich weiß Hollywood einfach, wie man solides Durchhaltekino schafft. Seine sieben Euro wert, aber nicht nochmal soviel für die DVD.
Dramaturgie: o
Sex: -
Bilder: o
Story: o
Musik: o
Schauspiel: -
Durchblick: +
Humor: -