Zwei Menschen, ein Hotel am Stadtrand von Paris. Gary (Josh Charles), Frau, Kinder, erfolgreich in einer Firma im Silicon Valley und ständig auf Geschäftsreisen. Doch diesmal, in Paris, ist alles anders. Schlaflos wälzt sich Gary im Bett, etwas schnürt ihm die Kehle zu. Schweißausbrüche und einige Zigaretten später ist seine Entscheidung klar: Gary schmeißt alles hin, beginnt ein neues Leben. Ohne Frau, ohne Kinder, ohne Job. Er wird nicht zurückfliegen.

Audrey (Anaïs Demoustier) ist Zimmermädchen im Hilton, in dem Gary nächtigt. Nebenbei studiert sie noch, aber die Teilzeitarbeit wird immer mehr zur Vollzeit. Audrey gerät mehr und mehr in das Netz der Abhängigkeit von ihrer Arbeit, von Vorgesetzten, die sie zu Extraschichten nötigen.

Gary wählt seine Exit-Strategie selbst. Sein Hotelzimmer wird zum Ort des Krisenmanagements, zur Schaltzentrale, von der aus Gary seinem Chef und seiner Frau klarmacht, dass es nicht weitergeht – zumindest nicht gemeinsam.

Audrey bricht auf ganz andere Weise aus ihrem bisherigen Leben aus: Nicht ganz freiwillig, aber auch nicht widerwillig verwandelt sie sich während einer abendlichen Arbeitspause auf dem Dach des Hotels in einen Spatz und stürzt sich in die Tiefe.

Pascale Ferran konnte mit Bird People nicht viel falsch machen: Er greift ein Gefühl auf, das jeder arbeitende, ja vermutlich jeder überhaupt lebende Mensch in unserem Kulturkreis kennt. Die Enge, das Korsett des Nötigen und Eingefahrenen, oftmals auch des Verfahrenen. Das Gefühl, dass man einfach raus will, ja raus muss: Freiheit, die wir uns viel zu selten (und manche von uns nie) nehmen.

Josh Charles bekommt mit der schmucklosen, sterilen, zurückhaltenden Umgebung des Hotelzimmers eine Bühne, auf der er sein Schauspiel voll ausleben kann. Er bleibt dabei unaufdringlich und glaubwürdig. Als er mit seiner Frau telefoniert und sich die aufgestauten gegenseitigen Anschuldigungen aus den letzten Jahrzehnten entladen, schafft Josh Charles so subjektive und intime Momente, die gerade wegen ihrer fehlenden Logik und Nachvollziehbarkeit unter die Haut gehen.

Auch Anaïs Demoustier mangelt es nicht an Glaubwürdigkeit als verträumte junge Frau, deren Träume von der Lebensrealität überholt worden sind. Lediglich die Szenen, in denen sie als Vögelchen die Welt, die Luft und ihr neues Dasein erkundet, sind ein bisschen zu verspielt und ziellos, und spätestens als Audrey zu David Bowies Major Tom über den Flughafen Charles de Gaulle eiert, ist die Grenze zum unnötigen Klamauk überschritten. Das macht den zweiten Teil des Films kaum weniger sehenswert, sind diese Aufnahmen doch visuell so überzeugend, dass der Spatz zeitweise zum heimlichen Star des Films wird.

Am Ende verwebt Ferran die lose zusammengehaltenen Stränge des starken ersten Teils um Gary und den zweiten Teil um Audrey zu einem Schluss, der völlig unüberraschend daherkommt und dennoch bezaubert.

Dramaturgie: o
Sex: +
Bilder: +
Story: o
Musik: +
Schauspiel: +
Durchblick: +
Humor: o
Länge: o

Flattr this!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Website